Im letzten Jahr hatten wir ganze 4 Tage Urlaub. In diesem Jahr wollten wir im Frühjahr fahren, dann kam Corona. So langsam gingen wir ein wenig auf dem Zahnfleisch. Daher beschlossen wir, touristisch zu Pionieren zu werden und die erste Gelegenheit zu nutzen.
Wo darf man denn hin und wo ist es „sicher“?
Unser Ferienort musste folgende Kriterien erfüllen: Strand, Wärme, Baden, interessante Umgebung. Ein Abgleich dieser Kriterien mit der Liste jener Länder, in die man ohne Einschränkungen einreisen durfte ergab, dass Zypern die Pole Position innehatte. Die Insel hatte dank konsequenter Abschottung weniger als 1.000 Fälle zu verzeichnen, wobei es ab dem 15.6. keine Neuinfektionen mehr gegeben hatte. Ab dem 20.6. konnten deutsche Touristen ohne Einschränkungen wieder einreisen, wir landeten am 21.6..Natürlich sprechen wir hier vom griechischen Süden der Insel, denn der nördliche, türkische, Teil der Insel war noch „geschlossen“.
Pauschalangebot oder „Selbst ist der Bucher“?
Im Internet wurde oft empfohlen, eine Pauschalreise zu buchen, da hier die Sicherheit höher sei, wenn es zu erneuten Einschränkungen kommen sollte. Wir wählten die Individuallösung. Da wir nur eine Woche fahren wollten und gerade mal zwei Wochen im Voraus buchten, erschien uns die Gefahr wegen Corona im Ausland „zu stranden“ als sehr gering. Heraus kamen:
- Ein erträglich teurer Flug mit Lufthansa/Austrian Airlines von Frankfurt über Wien nach Larnaca (Rückflug direkt mit Lufthansa)
- Ein einfaches, aber komplett ausgestattetes und günstiges Apartment
- Ein recht billiger Mietwagen.
Alles in allem eine Investition von knapp 900 Euro für zwei Personen, da konnte man nicht meckern. Eine Recherche hatte ergeben, dass die Strände im Südosten sehr schön sein sollten. Also ging es dorthin, nach Protaras.
Der Flug – wie Sardinen mit Maske
Erste Spannung kam am Flughafen in Frankfurt auf. Natürlich galt die Maskenpflicht, der auch alle Reisende und Flughafenangestellte nachkamen. Der Flug von Frankfurt nach Wien war dann vollgestopft, wie auch der Flug von Wien nach Larnaka. Auch im Flugzeug galt die Maskenpflicht, die zumindest zum Großteil der Reisenden beachtet wurde. Andererseits machte man sich schon Gedanken, wenn Angehörige von Kulturen, bei denen die Beachtung von Regeln nicht zum Kern des Wertesystems gehört, eher lässig mit dieser eigentlich doch so sinnvollen Vorschrift umgingen. Besonders, wenn sie neben einem saßen. Höfliche Hinweise erfüllten zwar ihren Zweck, aber nur eine begrenzte Zeit.
Ich kann verstehen, dass die bereits schon arg gebeutelten Fluggesellschaften ihre Flüge voll bekommen möchten. Aber die Aufforderung der Flugbegleiter, beim Aussteigen doch bitte einen Sicherheitsabstand zu wahren, wirkte wie reiner Hohn angesichts der Tatsache, dass man gerade 3 Stunden neben einem anderen Reisenden mit einem Abstand von 30 cm verbracht hatte.
Auf dem Rückflug lief es besser. Das Flugzeug war nicht zu voll, aber Passagiere, die eher lässig mit der Maskenpflicht umgingen, waren natürlich ebenfalls an Bord. Dafür klappte das Aussteigen in Frankfurt nach Reihen einwandfrei.
Ein gewisser Glauben an die Bestätigungen der Airlines, dass das Fliegen sicher sei, war hier definitiv hilfreich.
Der Flug – Catering auf Sparflamme
Mit Hinweis auf Corona gab es bei Austrian Airlines auf dem Hinflug – 1 Flasche Wasser pro Passagier. Die Lufthansa war auf dem Rückflug spendabler. Neben Kaffee, Tee, Softdrinks und Wein (!) wurde noch ein Sandwich verteilt. Offensichtlich müssen sich allgemein die Verhältnisse wieder erst einspielen, aber immerhin gab es bereits wieder etwas.
Der Flughafen – eigentlich ganz locker
Nachdem wir das Flugzeug verlassen hatten, konnten wir die Masken immer noch nicht abnehmen, denn auch am Flughafen in Larnaka galt strenges Maskengebot, das auch die Mitarbeiter des Flughafens, die zudem noch Handschuhe trugen, vollständig einhielten. Abstand zu halten war sehr einfach, denn die Zahl der Reisenden war mehr als übersichtlich. Dies war natürlich auch der Tatsache geschuldet, dass wir einen Tag nach Aufhebung aller Einschränkungen für deutsche Reisende ankamen. Viel konnte also noch nicht passiert sein.
Der „Zypern-Pass“
Interessant war auch, dass wir vor der Einreise einen sogenannten Zypern-Pass ausfüllen mussten. Dort wurde abgefragt, wer man sei, wo man hin wollten, wie man dorthin kam etc.. Eigentlich eine sinnvolle Sache. Wir verbrachten ca. 30 Minuten mit dem Ausfüllen der Formulare und druckten sie aus, 3 DIN A 4 Seiten pro Reisendem. Das war alles, was nötig war. In Wien wurden wir gefragt, ob wir dieses Dokument denn hätten und es wurde mit Erleichterung vermerkt, als wir den Ausdruck zeigten. In Larnaka angekommen fragte man uns ebenfalls danach. Wir zeigten die Seiten und wurden durchgewunken. Wohlgemerkt, in beiden Fällen zeigten wir nur, dass wir sie dabei hatten. Niemand kontrollierte oder registrierte irgendetwas. Hätten wir die Ausdrucke in Wien nicht gehabt, hätten uns die Österreicher die Formulare per Hand ausfüllen lassen. Vielleicht würden die zyprischen Behörden darauf zurückkommen, wenn wir uns infiziert hätten, aber ansonsten erschloss sich uns die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme nicht wirklich.
Das Ferienquartier – alles bereit
Die Fahrt ins Ferienquartier verlief problemlos. Dort angekommen, fanden wir alles vor wie gebucht, inklusive Desinfektionsmittel für die Hände. Allerdings durfte der Vermieter die Wohnung während unseres Aufenthalts nicht betreten, mithin auch nicht sauber machen oder die Bettwäsche wechseln. Da wir nur 1 Woche da waren, war dies zu verkraften.
Die Restaurants – Guten Appetit!
Protaras existiert, weil es Tourismus gibt. Ein Hotel reiht sich an das andere und das Zentrum ist voller Bars, Cafés und Restaurants. Von diesen waren immerhin etwa ¼ geöffnet. Viele Besucher waren Einheimische, gerade am Wochenende. Eine Maskenpflicht für Restaurantbesucher bestand nicht. Diese galt nur für die Bedienung. Die Abstandsregeln wurden eingehalten, eine Handdesinfektion stand am Eingang bereit und die Tische wurden nach jedem Gebrauch desinfiziert. Die Speisekarten waren nicht abgespeckt und boten typischen zyprischen Genuss. Allerdings war das Angebot an Speisen am Mittag stark eingeschränkt, denn die meisten Restaurants öffneten erst am Abend. Und dann war auch etwas los! Zudem waren alle sehr freundlich und froh, dass die Saison wieder anlief.
Die Speisekarten – hier wird klar, woher der Wind weht
Zyprische Speisekarten gibt es in 3 Sprachen: Griechisch, Englisch und Russisch. Klar, welche Bedeutung welche Touristen hier haben. Bedenkt man die Situation in Großbritannien und Russland und die damit einhergehenden Reisebeschränkungen, kann man sich leicht vorstellen, dass die Zyprer um jeden Gast froh sind.
Der Ferienort – mitunter gespenstisch
Gespenstisch wurde es, als wir morgens unter der Woche an den Strand gingen – leeren Straßen, wohin man blickte, nur vereinzelt waren Menschen unterwegs. Ein wenig erinnerte mich die Szenerie mitunter an Einstellungen aus „The Walking Dead“. Erst abends blühte das Leben auch dank der Einheimischen auf und dann war auch etwas los, ohne jedoch den Eindruck zu erwecken, dass der Ort überfüllt war. Auch hier konnte man problemlos den Abstand einhalten.
Der Strand – traumhaft!
So soll es sein! Herrlicher Sonnenschein, klares blau-grünes Wasser und feiner heller Sand – und fast alles für einen alleine! Am Strand verloren sich kein Dutzend Badende! Man konnte für kleines Geld Liegen und Sonnenschirme mieten. Abstand? Man konnte sich aussuchen, wie viele Meter man zwischen sich und die Anderen bringen wollte. Von so etwas träumen alle Urlauber, die sich in der Saison im Süden dicht an dicht Liegeplätze suchen müssen. So kann man der Krise immerhin etwas Gutes abgewinnen. Wie wir nach unserer Rückkehr erfuhren, sind die deutschen Strände ja bereits wieder überbelegt.
Gegen Ende der Woche – es füllt sich
Am Ende unserer Woche belebte sich das Treiben am Strand. Klar, es kamen ja auch wieder mehr Flieger an. Viele Gäste waren Zyprer, man hörte aber auch wieder verstärkt Russisch und britisches Englisch. Beide Länder standen auf der Liste derjenigen Staaten, aus denen Reisende nicht freizügig einreisen durften. Es mussten also Leute sein, die entweder auf der Insel (es gibt eine große russische Gemeinde in Limassol) oder in anderen EU-Staaten leben. Ohne stigmatisieren zu wollen, blieb dennoch ein merkwürdiges Gefühl.
Fazit – warum in die Nähe schweifen, wenn die Ferne doch so nah ist
Es war toll, anders kann man es nicht beschreiben. Wer Halligalli sucht, der muss sich noch etwas gedulden, aber für einen gediegenen Badeurlaub mit Ausflügen war es quasi ein perfektes Setting. Abstriche musste man nur bei einigen Museen und Ausflugszielen machen, denn nicht alle waren wieder geöffnet. Wenn Kultur aber nicht an erster Stelle steht, ist jetzt ein guter Zeitpunkt gekommen, wieder in den Süden zu fahren. Wie sich gezeigt hat, sind die deutschen Ferienziele ja quasi ausgebucht. Möglicherweise ist dort die Ansteckungsgefahr höher, als beispielsweise auf Zypern. Und wir haben den Eindruck, dass die Leute nach den ganzen Einschränkungen wieder „raus“ wollen. Nur etwas ist ebenfalls offensichtlich: Bei aller Vorsicht ist das Zusammenkommen von vielen Leuten aus allen möglichen Richtungen natürlich auch ein Risiko. Es würde mich nicht wundern, wenn die Infektionen durch den Tourismus wieder ansteigen würden. Hoffen wir, dass dies nicht eintrifft. Wir haben jedenfalls den Urlaub sehr genossen.