Essen in USA – Flop oder Top

Generell wenig beachtet in interkulturellen Trainings, auch in einem interkulturellen Training USA, ist das Essen. Das ist schade, gehört doch auch das Essen zur Kultur. Amerikanisches Essen hat hier leider keinen guten Ruf. Einerseits zu Unrecht, andererseits findet man überall gelebte Klischees. Anfang des Jahres hatte ich die Gelegenheit, anlässlich einer Reise nach Chicago und South Bend dies aus erster Hand zu erleben.

Bedeutung des Essens

In verschiedenen Kulturen hat das Essen unterschiedliche Bedeutungen. In China beispielsweise kommt dem Essen eine große Bedeutung zu. Auch wenn heutzutage viele Chinesen „keine Zeit verschwenden wollen“, denn Zeit ist bekanntlich Geld im Kapitalismus, sind Essenseinladungen immer noch von großer Bedeutung. Dort genießt man.

In Europa finden sich unterschiedliche Kulturen. Das beste Beispiel ist wohl Frankreich, wo die feine Küche ein Kulturgut ist und sich selbst Fast Food-Ketten nur allmählich durchsetzen konnten. Generell gilt gutes Essen in romanischen Ländern als sehr wichtig, denn dort ist man – katholisch. Im germanischen Teil Europas hingegen wird dem Essen eine geringere Bedeutung zuteil. Man ist, weil man eben satt werden möchte. Einfache Gerichte reichen dazu aus, denn dort ist man überwiegend – protestantisch. Das bedeutet nicht, dass es dort nicht auch lokale Spezialitäten und nur einfache Gerichte gibt, aber die Bedeutung des Essens ist eben eine andere.

Die USA berufen sich ja auf die Pilgerväter, die 1620 mit der Mayflower im heutigen Massachusetts an Land gingen und ihre Kolonie gründeten. Dabei waren diese sogenannten Pilgerväter radikale Calvinisten, die ihre Religion in England nicht so ausüben konnten, wie sie es wollten und sich daher entschlossen, auszuwandern. Heute gibt es in den USA einen bunten Flickenteppich an verschiedenen Kirchen. Die Katholiken stellen dabei heute nur 22 % der Bevölkerung. Etwas über 40 % hingegen sind protestantische Kirchen, die sich wiederum in verschiedene Kirchen gliedern, wie z.B. die Baptisten oder Methodisten und andere. Und dieser Anteil war zu Beginn der USA natürlich ungleich höher. Von daher ist die Essenskultur in den USA eher protestantisch geprägt, auch unter Nicht-Protestanten. Ferner darf man nicht vergessen, dass gerade in den ersten Jahrzehnten des Staates in den meisten Teilen des Landes feines Essen das geringste Problem war. Cowboys trieben die Filetsteaks über die Prairie, aber am Lagerfeuer gab es einfache Kost, die leicht zuzubereiten war.

Kulturelle Einflüsse prägen die Essgelegenheiten und – gewohnheiten

Wie Sie in einem interkulturellen Training USA erfahren, gibt es mannigfaltige kulturelle Unterschiede zwischen den USA und Deutschland. Die Amerikaner leben beim Essen allerdings mit Widersprüchen. Ein großer Wert der Amerikaner ist Convenience – Annehmlichkeit, Einfachheit. Das erklärt beispielsweise den Siegeszug der Fast Food-Ketten ab den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. Dort zu essen geht schnell und es ist preiswert. Somit wären die Anforderungen der Protestanten an die Nahrungsaufnahme erfüllt. Der Widerspruch besteht hingegen darin, dass auch Choice – Auswahl – zu den amerikanischen Werten gehört.  Dies hat mittlerweile zu einer geradezu absurden Vielfalt geführt. Beispiel gefällig? Hier eine Liste der Coca Cola-Varianten, die Sie in USA kaufen können (Quelle: Wikipedia):

  • Coca-Cola Classic
  • Coca-Cola Black Cherry Vanilla
  • Coca-Cola Blāk (mit Kaffee-Extrakt)
  • Coca-Cola C2
  • Coca-Cola Cherry
  • Coca-Cola Cherry Zero
  • Coca-Cola Cinnamon
  • Coca-Cola Cinnamon Zero
  • Coca-Cola Coffee Plus Espresso
  • Coca-Cola Coffee Plus Zero
  • Coca-Cola Diet Coke
  • Coca-Cola Diet Coke Black Cherry Vanilla
  • Coca-Cola Diet Coke Twisted Mango
  • Coca-Cola Diet Coke Feisty Cherry
  • Coca-Cola Diet Coke Ginged Lime
  • Coca-Cola Diet Coke Zesty Blood Orange
  • Coca-Cola Energy
  • Coca-Cola Energy Cherry
  • Coca-Cola Energy Zero Sugar
  • Coca-Cola Energy Zero Sugar Cherry
  • Coca-Cola Exotic Mango
  • Coca-Cola Orange
  • Coca-Cola Orange Vanilla
  • Coca-Cola Orange Vanilla Zero
  • Coca-Cola koffeinfrei
  • Coca-Cola Lemon
  • Coca-Cola Light
  • Coca-Cola Light koffeinfrei
  • Coca-Cola Light Plus Green Tea
  • Coca-Cola Light Plus Lemon C
  • Coca-Cola Light sango
  • Coca-Cola Peach
  • Coca-Cola Plus
  • Coca-Cola Plus Coffee
  • Coca-Cola Raspberry Flavour
  • Coca-Cola TaB
  • Coca-Cola TaB Clear
  • Coca-Cola Vanilla
  • Coca-Cola with Coffee Caramel
  • Coca-Cola with Coffee Dark Blend
  • Coca-Cola with Coffee Vanilla
  • Coca-Cola with Lime
  • Coca-Cola Zero
  • Coca-Cola Zero Koffeinfrei

Im Gegensatz dazu ist das, was in Fast Food-Ketten angeboten wird geradezu lächerlich. Es gibt immer eine bestimmte Anzahl von immer gleichen Gerichten, die manchmal von Aktionsgerichten ergänzt werden und immer gleich schmecken. Weltweit! Irgendwie muss McDonald´s  den ultimativen Geschmack getroffen haben. Wie sonst könnte man den globalen Erfolg der Kette begründen? Und gerade der Hamburger ist das beste Beispiel, denn den bekommt man noch in jedem Diner im hintersten Winkel von West-Virginia. Mit der Zeit und verschiedenen Einwandererwellen erschienen natürlich auch andere Küchen auf dem Markt – beispielsweise Chinesisch oder Mexikanisch. Meist ebenso standardisiert und preiswert (z.B. bei Taco Bell). Man kann also von einer standardisierten und industrialisierten Esskultur sprechen.

Vielfalt gibt es – zu einem Preis

Das bedeutet jedoch nicht, dass es nicht auch Vielfalt und lokale Spezialitäten gibt. Allein die Speisekarten guter Restaurants in New Orleans (eine französisch geprägte Stadt)  lassen einem das Wasser im Munde zusammen laufen. Ich hatte mich im Vorfeld informiert, was ich in Chicago machen sollte, wenn ich dorthin kam. Eine Empfehlung war – Steak essen. Eine logische Empfehlung, ist Chicago doch ein Zentrum der fleischverarbeitenden Industrie in den USA. Ich fand auch ein gutes Restaurant und ließ mir die Speisekarte zeigen. Tolle Gerichte. Das günstigste Steak kostete 50 US-Dollar! Da es keinen Grund gab, wie z.B. Geburtstag, Hochzeitstag o.ä., aß ich für 30 Dollar eine komplette Mahlzeit mit Getränken in einem mexikanischen Restaurant. Tatsächlich verhielt es sich so, dass wer günstig essen wollte, auf die üblichen Kettenrestaurants angewiesen ist. Diese Erkenntnis bestätigte sich bei meinem Aufenthalt in South Bend, das etwa 2 ½ Autostunden östlich von Chicago im Norden Indianas liegt. Chicago ist eine große Stadt. Auswahl gibt es, aber sie ist teuer. South Bend ist ein Nest (mit immerhin 100.000 Einwohnern). Das Preisniveau ist deutlich günstiger (ich aß ein wirklich tolles Steak für 23 Dollar), aber die Auswahl stark begrenzt.

Fazit

Meine Erfahrung zeigt also, dass es in den USA durchaus gutes Essen gibt. Aber das kommt zu einem Preis. Wer wie ich als Reisender auf Restaurant angewiesen ist und ein begrenztes Budget hat, wird um die Ketten-Restaurants nicht herum kommen. Das Problem dabei ist, dass ein wesentlicher Teil des Essens aus billigen Kohlehydraten besteht. Ein Burger-Bun aus Weißmehl hat den Nährwert 0 – ist aber billig und bringt die Verstoffwechselung der restlichen Zutaten komplett durcheinander. Viele Amerikaner am unteren Ende der Lohnskala ernähren sich aber davon und anderen billigen Nahrungsmitteln. Von daher ist es kein Wunder, dass die Verfettung der Amerikaner stetig voranschreitet. Der Anteil der Amerikaner, die unter Übergewicht oder Fettleibigkeit leiden beträgt laut Statista 73 %!  In U.K. sind es 64 %, in Deutschland 60 % und in Frankreich 49 %. 2004 betrug der Anteil in USA 32 %. Ein Trend, der Anfang der 1980er Jahre einsetzte. Chicago ist eine wohlhabende Stadt. Ich habe wenige wirklich fette Menschen dort gesehen. South Bend ist aber nicht wohlhabend und ich habe sehr viele fette Menschen dort gesehen.

In einem interkulturellen Training USA werden sie eher weniger davon hören. Zumal die interkulturellen Experten eher nicht in Ernährungswissenschaften ausgebildet sind. Dennoch halte ich diesen Aspekt für wichtig, denn letztlich geht es um die Gesundheit. Die meisten Leute, die ich kenne und in die USA reisten, haben dort zugenommen (wie ich übrigens auch). Wer in den USA lebt, kann immer noch selbst kochen. Ansonsten müssen Sie sich auf Kompromisse einstellen oder über ein Spesenkonto verfügen, das im C-Level angesiedelt ist.

By | 2022-07-03T16:41:29+00:00 03. 07. 2022|Global Cultures|

About the Author:

Rainer Beekes ist interkultureller Experte aus der wirtschaftlichen Praxis. Während seiner Unternehmenslaufbahn war er über 25 Jahre für multinationale Konzerne wie z.B. Volkswagen Financial Services, American Express, GMAC oder Société Générale in 5 Ländern in Linien- und Führungspositionen tätig. Der studierte Betriebswirt und Master of International Management (MIM) leitet Global Cultures – Akademie für interkulturelles Management, für die über 200 Experten zu 112 Ländern und Regionen weltweit tätig sind. | Linkedin | Xing | Google+ | Twitter | youtube | RSS |