Während der Corona-Krise hat Schweden einen Sonderweg bestritten – um musste herbe Kritik einstecken. Relativ gesehen hat COVID-19 das Land härter getroffen als Deutschland und die erhoffte “Herdenimmunität” ist nicht eingetreten. Aber auch in anderer Hinsicht ist das größte Land Skandinaviens ein Sonderfall, wobei vieles ebenso für die Nachbarn Dänemark und Norwegen zutrifft.
Jantelagen – das Gesetz von Jante
Dies ist das Gesetz von Jante, einer fiktiven Stadt in Dänemark:
Du sollst nicht glauben, dass du etwas Besonderes bist.
Du sollst nicht glauben, dass du uns ebenbürtig bist.
Du sollst nicht glauben, dass du klüger bist als wir.
Du sollst dir nicht einbilden, dass du besser bist als wir.
Du sollst nicht glauben, dass du mehr weißt als wir.
Du sollst nicht glauben, dass du mehr wert bist als wir.
Du sollst nicht glauben, dass du zu etwas taugst.
Du sollst nicht über uns lachen.
Du sollst nicht glauben, dass sich irgendjemand um dich kümmert.
Du sollst nicht glauben, dass du uns etwas beibringen kannst.
Diese eigentlich sarkastischen “Gebote”, die der Schriftsteller Axel Sandemose 1933 in seinem Roman “Ein Flüchtling kreuzt seine Spur” formuliert hat. Ungeachtet der ursprünglichen Intention, entwickelte sich dieses “Gesetz” zum Verhaltenskodex der skandinavische Länder.
Es geht nicht um den Einzelnen
Wichtig ist hierbei das Kollektiv. Das Jantelag propagiert Bescheidenheit und die Einfügung des Einzelnen in die Gesellschaft. Wer herausragt, macht sich “an der Gesellschaft strafbar”. Natürlich wanderte niemand dafür ins Gefängnis, aber die sozialen Konsequenzen waren auch eine Art Strafe. Zusätzlich sorgte der Protestantismus dafür, dass das Jantelag auf fruchtbaren Boden fiel: Bescheidenheit und Kollektiv sind auch im protestantischen Glauben verankert.
Hierarchien
Auf dieser Basis ist leicht zu verstehen, dass Schweden viel flachere Hierarchien hat als Deutschland und auch der Umgang zwischen Hierarchiestufen ein ganz anderer ist. Hierauf gilt es in einem interkulturellen Training und Coaching Schweden besonders einzugehen, den gerade dies bietet den Keim für große Konflikte.
Das “Volksheim”
Konsequenterweise errichteten die Schweden, wie auch Dänemark und Norwegen, einen Sozialstaat (“Volksheim”), der sich um alle möglichen Aspekte des Lebens kümmerte. Einerseits sollte dies dem Einzelnen Sicherheit verschaffen, andererseits war der Preis dafür hoch: Die Steuerlast für den Einzelnen war exorbitant, in der Spitze über 100%!!!
Transparenz auf die Spitze getrieben
Es ist schon erstaunlich. Jeder Schwede ist numeriert. Sobald er auf der Welt ist, bekommt er eine Geburtsnummer, die ihn sein ganzes Leben lang begleitet. Weiterhin haben die Schweden Erstaunliches im elektronischen Zeitalter geleistet. Anhand der Geburtsnummer kann man zum Beispiel jeder nachsehen, was sein Nachbar verdient. Man kann auch nachsehen, ob in der Nachbarschaft nicht z.B. eine Sexualstraftäter wohnt, der seine Strafe freilich abgesessen hat. Deutsche Datenschützer würden auf der Stelle auf die Barrikaden gehen!
Die Wirtschaft – ein Beispiel für Erfolg
Wie kommt es dann, das sein so relative kleines Land, das nach dem 2. Weltkrieg gerade mal ca. 7 Millionen Einwohner hatte, große Weltkonzerne wie beispeilsweise IKEA, Ericsson, Volvo oder Husqvarna hervorbringen konnte. Nun, was die Steuern angeht, waren die Schweden nicht ganz so blauäugig. Sind die persönlichen Steuern auch hoch, für Unternehmen sind sie vorteilhaft niedrig. Und natürlich gibt e simmer Leute, die durch Ideen, Tatkraft und Mut herausstehen. In Schweden müssen sie sich eben nur nicht so auffällig verhalten.
Interkulturelles Training Schweden – eine Notwendigkeit
Wie man sieht, herrscht in Schweden ein anderer Verhaltenskodex, als in Deutschland. Daher ist man gut beraten, sich im Vorfeld zu informieren, wenn es um Verhandlungen oder auch Entsendungen geht. Keinesfalls sollte man die Unterschiede unterschätzen, nur weil es angenommene Ähnlichkeiten zwischen Deutschen und Schweden gibt. Das kann leicht ins Auge gehen, wie viele Beispiele aus unserer Praxis belegen. Den schwedischen kulturellen Sonderweg kennen – das ist der Schlüssel zum Erfolg im hohen Norden.