Corona wütet und viele sind noch im Home Office. Aber selbst wenn man im Büro ist – Reisen ist zu weiten Teilen immer noch unmöglich. Europa öffnet sich langsam wieder, aber wenn man Projekte in Indien oder China hat, ist man derzeit gezwungen, diese virtuell zu betreuen.
Virtuelles Projektmanagement – Kommunikation im Fokus
Hier liegen die Fallstricke, denn um gut zusammenarbeiten zu können, müssen sich alle Beteiligten gut verstehen. Dies hat nichts mit Sympathie, sondern rein mit Kommunikation zu tun. Sachverhalte, die klar auf dem Papier beschrieben sind, sollten keine Probleme aufwerfen, denken die Deutschen. Gerade im technischen Bereich, wo auch die deutsche Sprache wenig Raum für Interpretationen zulässt, sollte es möglich sein, direkt und einfach zu kommunizieren. Indien und China sind jedoch Kulturen, die indirekt kommunizieren und interpretieren. Ein „Ja“ kann also auch „möglicherweise“ oder „Ja, ich habe verstanden“ oder auch „Eigentlich Nein, ich möchte keinen Konflikt mit Ihnen.“ „bedeuten. Hilfreich ist es, sich die 6 Stufen der Kommunikation vor Augen zu halten.
Die 6 Stufen der interkulturellen Kommunikation
- Gedacht ist nicht gesagt – vieles, was wir als selbstverständlich erachten, ist in einer anderen Kultur gar nicht selbstverständlich. Also muss man es ansprechen.
- Gesagt ist nicht gehört
- Gehört ist nicht verstanden – Gerade bei Sprachbarrieren ist es notwendig, sich möglichst klar auszudrücken und zu hinterfragen, ob die Dinge wirklich verstanden wurden.
- Verstanden ist nicht einverstanden – in Indien und China ist es meist unhöflich, „Nein“ zu sagen. Ist dem so, wird eine Ablehnung entweder gar nicht oder so ausgedrückt, dass die Deutschen sie als Zustimmung verstehen. Denn die Deutschen vertrauen dem Wort
- Einverstanden ist nicht gemacht – schließlich müssen die Vereinbarungen auch umgesetzt werden. Hier spielt der Zeitfaktor eine Rolle.
- Gemacht ist nicht beibehalten – auch wenn ein Vorgehen ein Mal so umgesetzt wurde, sollte man tunlichst prüfen, ob dieser Weg auch beibehalten wurde.
Wenn man den Verdacht hat, dass etwas im Argen liegt, kann man dann analysieren, auf welcher Stufe es möglicherweise Missverständnisse gegeben hat und entsprechend reagieren.
Ja oder Nein – Wann sollte man hellhörig werden?
Ihr Geschäftspartner
- Sagt gar nichts
- Wechselt plötzlich das Gesprächsthema
- Lenkt ab: „Haben Sie schon meine Ausarbeitung zu Phase C gelesen?“
- Verschiebt: Das ist ein interessanter Gedanke. Wir können ihn später besprechen.
- Verweist: Mr. Sharma arbeitet bereits an dieser Idee.
Ein gutes Mittel ist dann, offene Fragen zu stellen und dabei hartnäckig zu bleiben – bis man davon überzeugt ist, dass alles in Ordnung ist oder Ihr Geschäftspartner schließlich doch Farbe bekennen muss.
Projektmanagement per Telefon oder E-Mail – wo ist der Haken?
Steht man jemandem gegenüber hat man drei „Ingredienzien“, um seine Botschaft zu vermitteln:
- Worte – sie machen nur ca. 7 % aus, wie eine Botschaft verstanden wird
- Tonfall – er ist für ca. 33 % dafür verantwortlich, wie eine Botschaft verstanden wird
- Gestik und Mimik stehen für 60 %
Dies zeigt, wo die Grenzen virtueller Projektarbeit liegen. Bei virtueller Kommunikation werden Sie am Telefon auf 40 % dieser Möglichkeiten reduziert, bei E-Mails auf nur noch 7 %. Dies macht den Spielraum für Missverständnisse klar, denn Worte allein können beliebig interpretiert werden. Und jede Kultur tut dies durch die „eigene kulturelle Brille“. Was in Deutschland als neutrale und sachbezogene Aussage gilt, kann in Indien oder China für Irritation sorgen.
Ausweg Videokonferenz?
Videokonferenzen sind in den letzten Monaten sehr beliebt geworden. Immerhin kann man sich so sehen. Aus meiner Erfahrung heraus ist das besser als nichts, aber es ist auch nicht dasselbe, wie ja auch bereits Frau Merkel zugegeben hatte. Es gilt dennoch folgende Regel:
- Wenn möglich Videokonferenz
- Wenn nicht möglich, telefonieren
- Wenn nicht möglich, eine E-Mail schreiben
E-Mails – wichtige Tipps
Wie bereits dargestellt, sind E-Mails die gefährlichste Quelle für Missverständnisse. Hier einige Anregungen, wie man sie gekonnt formulieren kann:
- „Bis heute Abend um 19 Uhr benötige ich die Unterlagen in meinem Postfach haben.“ Geschickter ist es, sein Anliegen möglichst freundlich und wenn möglich sogar als Frage zu formulieren: „Um mit dem Projekt fortfahren zu können, bräuchte ich die Unterlagen nach Möglichkeit noch heute. Könnten Sie das schaffen?“
- „Sie haben die Umsatzzahlen in Ihrem Bericht vergessen.“ Stattdessen könnte man sagen: „Vielen Dank für Ihren Bericht. Leider konnte ich jedoch die Umsatzzahlen nicht finden. Könnten Sie mir noch einmal aufzeigen, wo ich sie finden kann?“ oder auch: „Ich wurde von meinem Chef gefragt, ob ich ihm schnell die Zahlen vom letzten Monat vorlegen könnte. Es wäre eine große Unterstützung, wenn Sie sie mir bis heute Nachmittag senden könnten. Benötigen Sie noch hierzu Input von meiner Seite?“
- Last not least – es gibt Situationen, in denen man mit dem Rücken zur Wand steht. Sicherlich werden die indischen oder chinesischen Kollegen dies verstehen können. Und dann kann man auch in E-Mails einmal direkt werden, wie z.B. : „Leider drängt die Zeit sehr, da die gesamten nächsten Schritte von Ihrer Information abhängen. Daher ist es für den weiteren Erfolg unseres Projekts ausschlaggebend, dass Sie sie mir heute noch zur Verfügung stellen, da andernfalls auch unsere Vorgesetzten Probleme haben könnten.“ In dieser Version wird noch darauf hingewiesen, dass auch andere leiden würden, und zwar wichtige Leute!
Fazit
Virtuelle Kommunikation in Projekten kann also sehr herausfordernd sein. Weitere Anregungen, Tipps und Hintergründe erfahren Sie in einem Seminar interkulturelles Projektmanagement, interkulturelles Training Indien oder interkulturelles Training China – die wir ebenfalls virtuell anbieten!