Nomen est omen – gerade in China!
Markennamen im Reich der Mitte
Möchte eine Firma aus dem westlichen Ausland ihre Produkte in China vermarkten, muss sie auf den Markennamen achten. Denn sie muss ihre Produkte schließlich auch auf Chinesisch anbieten. Grundsätzlich bieten sich dafür drei Möglichkeiten an: Eine phonetische Übersetzung, eine Übersetzung anhand der Grundlage der Bedeutung oder eine Kombination aus Beidem. Und hier lauert die Falle: Eine reine phonetische Übersetzung kann zu ungewollten oder ungewollt komischen Ergebnissen führen und die Wirkung der Werbung ins Gegenteil verkehren. Das Beispiel des Chevrolet Nova aus USA in Mexiko verdeutlicht dies auf einfache Weise. Der Modellname Nova kann auf Spanisch no va gelesen werden – das bedeutet „funktioniert nicht“. In China kommt noch hinzu, dass die Chinesen ihre eigene Schrift haben, also eine zusätzliche Hürde, die sich westlichen Marketing-Strategen nicht erschließt. Von daher ist man gut beraten, rechtzeitig Experten einzuschalten, um nicht in eine Falle zu laufen und zum Gespött der größten Nation der Welt zu werden. Auch das ist Teil der interkulturellen Kommunikation China – denn wenn schon der Name nicht stimmt, wie will man dann seine Produkte erfolgreich vermarkten?
Von leckeren Getränken und edlen Fortbewegungsmitteln
Trinken Sie Coca Cola? Klar! Trinken auch Chinesen Coca Cola? Nein. Wie bitte? Eine der berühmtesten Marken der Welt, die man noch im tiefsten Dschungel in einem halbvergessenen Getränkeautomat bekommen kann, ist in China unbekannt? Selbstverständlich nicht. China ist einer der wichtigsten Märkte für die Getränkegurus aus Atlanta. Lediglich der Name Coca Cola existiert so nicht in China. Coca Cola ist ein Getränk für Jedermann, also auch für die Massen. Die Massen in China können aber wenig mit lateinischen Buchstaben anfangen. Also musste eine geeignete Übersetzung mit chinesischen Schriftzeichen her. Geht man hier phonetisch vor, läuft man im Reich der Mitte schnell Gefahr, unbeabsichtigte Bedeutungen zu transportieren, die durchaus kontraproduktiv wirken können. Phonetisch entspricht „Kou-ke-kou-la“ der westlichen Aussprache. Blöd nur, dass das auf Chinesisch „Beiß in die wächserne Kaulquappe“ bedeutet. Das ist nicht gerade eine Empfehlung. Daher wird Coca Cola unter dem Namen „Kekou kele“ vermarktet, was bedeutet „schmackhaft und macht froh“. Diese Umschreibung klingt nicht nur immerhin ähnlich, sondern transportiert auch das, was die Marketing-Experten beabsichtigten. Was für eine großartige Werbung allein durch die Bedeutung des Namens!
Auch die bekannte Marke mit dem blau-weißen Propeller im Logo, BMW, wird nicht unter dem Namen BMW vermarktet. Als BMW seine Reputation aufbaute und sich der Name zum Synonym für sportliche und qualitativ hochwertige Fahrzeuge entwickelte, steckte China gerade mal im Aufbruch zu kapitalistischen Ufern. Westliche Marken waren fremd und unbekannt. Wie sollte auch ein Chinese die lateinischen Buchstaben aussprechen? Um das Land zu erobern musste also ein chinesischer Firmenname her. Man wählte „Bao Ma“, und das bedeutet „kostbares Pferd“. Immerhin klingt auch das ganz entfernt nach BMW, drückt genau das aus, für was BMW stehen möchte und – jeder Chinese versteht es und kann sich etwas darunter vorstellen.
Andere Tücken der Lokalisierung von Firmennamen
Um Beim Beispiel Auto zu bleiben: Peugeot kam in die Schlagzeilen, als sie „Biaozhi“ als Markenname wählten. Das bedeutet „hübsch“, und wer fährt nicht gern ein hübsches Auto? Hingegen wurde nicht erkannt, dass „Biaozhi“ sich leicht in „Biaozi“ verwandeln lässt, was wiederum Prostituierte bedeutet. Der Slogan „Peugeot aus Kanton bietet Ihnen besten Service“ bekam so unweigerlich eine ganz besondere Bedeutung.
Nicht nur Namen, auch Zahlen bergen Fallen
Auch mit Zahlen ist Vorsicht geboten. Die 4 steht für Tod, die 8 für Reichtum. Aus diesem Grund änderte Alfa Romeo die Bezeichnung für das Modell 164 beispielsweise in Taiwan in 168. Der Verkehr in Taipeh ist schon schlimm genug, wer setzt sich dann auch noch gerne in ein Auto, das durch seine Typenbezeichnung bereits den Tod verheißt? Dann doch lieber ein Auto, das Wohlstand verspricht.
Von Investitionen und „heiligen Kühen“
Natürlich fallen solche Namen nicht vom Himmel, und sie sind auch nicht geniale Einfälle eines chinesischen Angestellten, der nach seinem zweiten Kaffee im Büro eine Erleuchtung verspürt. Solche Namen wollen mit Sorgfalt kreiert werden. Firmen beauftragen für Werbespots ja auch namhafte Agenturen, die mit Sinn und Verstand Vorschläge erarbeiten, um die Werbewirkung zu maximieren und das jeweilige Produkt adäquat zu präsentieren. In diesem Zusammenhang muss man die Kreation eines geeigneten chinesischen Namens ebenfalls stellen. Und hier sind wir bereits an einem wunden Punkt: Dem Geld. Jedermann in Deutschland weiß, dass Werbung bei Konsumgütern Not tut, und dass gute Werbung nicht billig ist. Man ist bereit, dies zu akzeptieren und entsprechend zu investieren. Aber in einen Namen, den schon die halbe Welt kennt?
Global agierende Firmen haben hier bereits einen anderen Hintergrund und natürlich auch andere Ressourcen. Sie entwerfen Strategien zur Markteroberung mit Mitteln, die entsprechende Aktionen zulassen. Schwieriger scheint es bei den Mittelständlern zu sein. Ganz klar, hier sind die Mittel begrenzt und werden meist wohl auch in diejenigen Aktivitäten investiert, die sich auch anderswo bewährt haben. Das ist ja auch jedem Manager leicht vermittelbar. Aber genau das ist auch Stichwort – anderswo! Gerade im größten Land der Erde, nach Bevölkerung, gelten offensichtlich Erfolgsgesetze, die nicht in allen Belangen denjenigen entsprechen, die sich „anderswo“ bewährt haben, und ausgerechnet die „heilige Kuh“ Marke gehört dazu!
Von „chinesischen“ Ausländern und „englischen“ Chinesen
Nicht selten ist es so, dass chinesische Angestellte oder Repräsentanten gefragt werden, wie Namen denn auf Chinesisch geschrieben werden sollen, damit sie möglichst ähnlich klingen. Mit den bekannten Risiken, die vielen nicht klar sind, oft wohl auch nicht den chinesischen Angestellten. Interessanterweise betrifft dies sogar die Namen von Personen! Und gerade hier machen die Chinesen uns vor, wie es geht. Wenn man einen Chinesen trifft, der viel mit Ausländern zu tun hat, stellt er sich mit einem chinesischen Familiennamen vor, trägt aber meist einen westlichen, vornehmlich englischen, Vornamen. Natürlich nennen keine chinesischen Eltern ihre Kinder Vanessa, Robert, Tom oder Elizabeth. Aber es erleichtert den Umgang mit Europäern oder Amerikanern, mithin die Geschäfte. Diese Vornamen, oder vielleicht sogar besser gesagt „Künstlernamen“, können sich die Chinesen natürlich selbst aussuchen, und nicht selten wählen sie einen Namen, den sie mit anderen Vorbildern positiv in Verbindung bringen, beispielsweise Namen beliebter Schauspieler.
When in Rome, do as the Romans do
Kein Chinese hat auf die Errungenschaften deutscher Firmen gewartet, aber alle wollen den Chinesen ihre Produkte verkaufen. Wer nicht aus bestimmten Gründen ein Alleinstellungsmerkmal hat, sondern die Masse der Chinesen beglücken will, sollte sich daher tunlichst Gedanken darüber machen, wie er seine Marke am Besten im Reich der Mitte platziert – und zwar am besten mit einem Namen, der die Chinesen auch wirklich anspricht, wenn sie ihn aussprechen! Das ist nicht nur dem Umsatz zuträglich, es kann auch bereits eine Werbung an sich sein. Denn Tee ist einfach Tee, aber Coca Cola macht froh und schmeckt. Was will man mehr?