Erfolgreiche Zusammenarbeit mit indischen Partnern und Kollegen – Wie man E-Mails an Inder schreibt und Termine arrangiert

Am Anfang steht die Idee

Viele deutsche Firmen lagern vor allem im Bereich IT heute Kapazitäten nach Indien aus. Auch Call Center findet man mitunter heute auf dem Subkontinent. Auf dem Papier ist dies eine gute Idee. In Deutschland herrscht Fachkräftemangel, indische Programmierer sind gut ausgebildet und kosten weniger, als eine deutsche Fachkraft. Zudem sprechen alle Englisch, so dass auch die Sprachbarriere wegfällt. Indien bietet also beste Voraussetzungen, eine High-Tech-Anwendung in ein Billiglohnland auszulagern. Ansonsten kennt man das ja eher von der Fertigung von Konsum- und Industriegütern. Es haben sich mittlerweile „Hot Spots“ entwickelt, wo sich viele Firmen konzentrieren, wie z.B. Bangalore. Die nötige Infrastruktur ist leicht zu schaffen: Gebäude, Computer und Strom – schon kann man Leute anheuern und loslegen. Worin bestehen also die Fallstricke, die hier auf die investitionswilligen Firmen aus Deutschland warten?

Zusammenarbeit von Ferne

In der Regel werden internationale Teams gebildet, bei denen die Mitglieder in Deutschland und Indien sitzen und über die Entfernung hinweg zusammenarbeiten sollen. Auch ist es möglich, dass weitere Nationalitäten in weiteren Ländern miteinbezogen werden. Auch ist die Vergabe von Aufträgen an indische Zulieferer oder Tochtergesellschaften möglich, die kostengünstig Arbeiten leisten sollen, die dann an den deutschen Auftraggeber geliefert werden. Hier liegen die Fallstricke, denn um gut zusammenarbeiten zu können, müssen sich alle Beteiligten gut verstehen. Dies hat nichts mit Sympathie, sondern rein mit Kommunikation zu tun. Sachverhalte, die klar auf dem Papier beschrieben sind, sollten keine Probleme aufwerfen, denken die Deutschen. Gerade im technischen Bereich, wo auch die deutsche Sprache wenig Raum für Interpretationen zulässt, sollte es möglich sein, direkt und einfach zu kommunizieren. Mehrere Fallstricke lauern hier, der Idealzustand ist ein Konstrukt, das intellektuell ersonnen wurde, bestenfalls ein Ziel. Der Weg dorthin ist mit Gruben und Fallen gepflastert.

Sach- und Personenbezug – zwei Welten

Der deutsche Kulturkreis ist durch einen Bezug zur Sache gekennzeichnet. Das bedeutet, dass für Deutsche eine Sache auch ohne Bezug zu einer Person diskutiert werden kann. Aufgaben werden erledigt, auch wenn man sein Gegenüber nicht kennt oder nicht gesehen hat. Die Funktion steht im Vordergrund. Vertrauen entsteht dadurch, dass alle Beteiligten ihre Aufgaben zuverlässig erledigen.  Indien hingegen definiert seine Kultur durch einen Personenbezug. Eine Sache oder Aufgabe wird nicht isoliert gesehen, sondern es steht auch immer ein Mensch dahinter, der sie ausführt. Und diesen Menschen möchte man kennen, denn wie sonst kann sich das notwendige Vertrauen bei der Zusammenarbeit entwickeln? Hier wird bereits deutlich, dass es für eine erfolgreiche Zusammenarbeit wichtig ist, dass die Teammitglieder sich kennenlernen. Eine gute Gelegenheit ist eine Auftaktveranstaltung, ein sogenannter Kick-Off. Das bedeutet aber auch, dass irgendjemand reisen muss, und Reisen kosten Zeit und Geld. Gerade das wollte man ja aber durch die virtuelle Zusammenarbeit einsparen. Unternehmen tun gut daran, diese Ausgaben nicht als Kosten, sondern als Investition zu verstehen. Ansonsten kann es passieren, dass die Zusammenarbeit recht einseitig ausfällt und die angestrebten Ergebnisse und/oder Einsparungen, nun sagen wir einmal, suboptimal ausfallen.

Der Ton macht die Musik – und wie man sich dabei gebärdet

Steht man jemandem gegenüber hat man drei „Ingredienzien“, um seine Botschaft zu vermitteln. Zum einen sind es die Worte selbst, die daran aber nur einen Anteil von ca. 7 % haben. Als Zweites steht einem der Tonfall zur Verfügung, der ungefähr 1/3 davon ausmacht. Den größten Anteil mit ca. 60 % haben Gestik und Mimik. Man kann beispielsweise dieselben Worte verwenden. Wenn Sie sie mit bedrohlich in die Hüfte gestützten Händen dem gegenüber ins Gesicht schreien, entfalten sie eine völlig andere Wirkung, wie wenn Sie sie sanft und freundlich mit einem Lächeln äußern. Das ist jedem klar. Bei virtueller Kommunikation werden Sie am Telefon auf 40 % dieser Möglichkeiten reduziert, bei E-Mails auf nur noch 7 %.  Hier ist leicht zu erkennen, dass sich ein großer Spielraum für Missverständnisse öffnet, denn Worte allein können beliebig interpretiert werden. Und jede Kultur tut dies durch die „eigene kulturelle Brille“. Was in Deutschland als absolut neutrale und sachbezogene Aussage eingestuft wird, kann in Indien für Verwirrung oder Irritation sorgen. Gegenseitiges Verständnis ist also eine der Grundvoraussetzungen für eine effiziente Kommunikation.

Indirekte versus direkte Kommunikation – Stolperfallen inklusive

Im internationalen Geschäftsleben fallen die Deutschen in der Regel durch die Art der Kommunikation auf. Wir sagen gerne, was genau wir wann und wie vorliegen haben möchten. Wir stellen eine exakte Agenda auf, die Punkt für Punkt abgearbeitet wird und vor allem pünktlich auf die Minute beginnt. Im Anschluss an ein Meeting wird ein Protokoll geschrieben, in dem alles festgehalten wird, damit alle auf dem gleichen Stand sind und auch alle nochmals nachlesen können, bis wann sie welche Aufgabe erledigt haben müssen. Das ist effizient!

Menschen in  Indien, die die indirekte Kommunikation pflegen, empfinden die deutsche Kommunikation oft als drängend, unhöflich und in manchen Fällen sogar als persönlichen Angriff. Sollte man nun also mit Kollegen aus Indien kommunizieren, sollte mal stets darauf achten, sich so höflich und indirekt wie nur möglich auszudrücken. Dies ist die Gepflogenheit in Indien und es ist klar, wie Inder von den Deutschen in solchen Fällen denken und umgekehrt.

Wie kommuniziert man indirekt in E-Mails? – Anregungen

Ist alles gut, ist alles einfach. Aber wann ist schon alles gut? Kommuniziert man als Deutscher mit Indern, die gerade negative Botschaften oder auch Forderungen eher verklausuliert formulieren, sollte man es als Deutscher vermeiden «Bis heute Abend um 19 Uhr will ich die Unterlagen in meinem Postfach haben. » zu schreiben. Diese preußische Ausdrucksweise lässt die ausländischen Kollegen nicht strammstehen, sondern verprellt sie. Geschickter ist es, sein Anliegen möglichst freundlich und wenn möglich sogar als Frage zu formulieren: «Um mit dem Projekt fortfahren zu können, bräuchte ich die Unterlagen nach Möglichkeit noch heute. Könnten Sie das schaffen?»

Ein weiteres Beispiel ist die direkte Ansprache von Defiziten: «Sie haben die Umsatzzahlen in Ihrem Bericht vergessen.» Eine solche Ausdrucksform ist uns in Deutschland geläufig. In einem Land mit hohem Kontext-Verständnis, also indirekter Kommunikation, würde man diesen Sachverhalt hingegen anders ansprechen, wie zum Beispiel: «Vielen Dank für Ihren Bericht. Leider konnte ich jedoch die Umsatzzahlen nicht finden. Könnten Sie mir noch einmal aufzeigen, wo ich sie finden kann?» Schließlich will man ja auch noch morgen mit den Kollegen im Ausland zusammenarbeiten.

Weiterhin empfiehlt es sich, nicht direkt mit der Tür ins Haus zu fallen. Also eher nicht „Hallo, ich benötige die Zahlen vom letzten Monat bis heute Abend.“ Besser wäre: „Hallo XXX, ich hoffe, Ihr Fest gestern Abend (oder was auch immer), war ein voller Erfolg. So, wie ich Indien kennengelernt habe, gab es bestimmt viel leckeres Essen und Sie wissen ja, wie sehr ich das mag. Nun ist der Alltag wieder zurück und ich wurde von meinem Chef gefragt, ob ich ihm schnell die Zahlen vom letzten Monat vorlegen könnte. Es wäre eine große Unterstützung, wenn Sie sie mir bis heute Nachmittag senden könnten. Benötigen Sie noch hierzu Input von meiner Seite? Bitte grüßen Sie auch Ihre Kollegen herzlich von mir. Beste Grüße, YYYYY“

Aus Erfahrung weiß ich, dass sich jetzt vielen Deutschen der Magen umdreht. Aber das ist unerheblich. Es geht nicht darum zu werten, was wir Deutschen für gut und effizient halten. Es geht darum, ein Ziel zu erreichen, nämlich von den indischen Kollegen das zu bekommen, was wir benötigen. Und Sie haben so noch zwei weitere Dinge angesprochen: Die Beziehungsebene, indem Sie persönliche Dinge angesprochen und sogar gelobt (das Essen) haben. Und Sie haben sogar noch einen kleinen Zeitpuffer eingebaut (die Zahlen am Nachmittag), was mitunter hilfreich sein kann, wie wir später noch sehen werden.

Last not least – es gibt Situationen, in denen man mit dem Rücken zur Wand steht. Sicherlich werden die indischen Kollegen dies verstehen können. Und dann kann man auch in E-Mails einmal direkt werden, wie z.B. : „Leider drängt die Zeit sehr, da die gesamten nächsten Schritte von Ihrer Information abhängen. Daher ist es für den weiteren Erfolg unseres Projekts ausschlaggebend, dass Sie sie mir heute noch zur Verfügung stellen, da andernfalls auch unsere Vorgesetzten Probleme haben könnten.“ Immerhin – in dieser Version wird noch darauf hingewiesen, dass auch andere leiden würden, und zwar wichtige Leute! Das ist unmissverständlich.

Wenn der Weg das Ziel ist – Umwege inklusive

Die Strategie, mit Hilfe der direkten Kommunikation völlig transparent zu kommunizieren und auch offen kritisieren zu dürfen, funktioniert – in Deutschland.

Der Sinn der indirekten Kommunikation hingegen liegt vor allem darin, eine Beziehung aufrecht zu erhalten und Harmonie zu erzeugen. Da ein «Nein» eine klare Absage ist, und der Gesprächspartner dies als beleidigend empfinden könnte, wird in Indien sogar oft vermieden, dieses kleine Wörtchen zu verwenden, selbst wenn es Klarheit schafft. Eher werden sogar Probleme in Kauf genommen, als unhöflich zu wirken. Was auf uns Deutsche mitunter absurd wirkt, ist für Inder eine Notwendigkeit. Eine Ablehnung wird verklausuliert formuliert und mit Worten wie z.B. „we will do our best“ oder „we will try“ umschrieben. Und hier kommt  Interpretation ins Spiel! Deutsche nehmen diese Botschaften in der Regel wörtlich und handeln danach. Ein Inder hätte sicherlich an der Ausdrucksweise, der Mimik und dem Tonfall gemerkt, dass die Formulierung als Ablehnung gemeint war. Dennoch wäre die Form gewahrt worden und für den Inder wäre alles gut gewesen. Sowohl der Deutsche, als auch der Inder handeln aus ihrer Sicht rational. Gerade dies ist für Deutsche sehr schwer zu verstehen. In Deutschland ist eine direkte Absage sogar ein Gebot der Höflichkeit, denn man verschwendet keine Zeit oder Ressourcen auf Dinge, die nicht möglich sind. Dies ist in unseren Augen effizient und daher sogar höflich. Für den Inder ist es höflich, diese Ablehnung eben zu verschlüsseln. Ein anderer Inder wird die richtigen Schlüsse daraus ziehen, was einem Deutschen, der das Gesagte wörtlich nimmt, weil es seinem Kulturstandard entspricht, nicht gelingt. Bei der virtuellen Kommunikation stehen wie bereits dargestellt dabei noch viel weniger Möglichkeiten der Entschlüsselung zur Verfügung.

A comedy of errors?

Wenn man alle Möglichkeiten von Missverständnissen in den vorhergehenden Paragraphen zusammenzählt, kommt man auf eine beeindruckende Zahl. Weiterhin handelt es sich nicht um singuläre Ereignisse. Die Chancen stehen gut, dass ein Missverständnis weitere nach sich zieht, bis die Zusammenarbeit im Zweifelsfall völlig zusammenbricht. Diese Möglichkeit sollte nicht unterschätzt werden, denn sie realisiert sich unglücklicherweise jeden Tag. Das Problem lässt sich nicht einfach mit guten Hinweisen lösen, hier handelt es sich darum, dass unterschiedliche Werte in Einklang gebracht werden müssen. Dies funktioniert nur, wenn man das nötige Bewusstsein auf beiden Seiten schafft. Kommunikation ist schließlich keine Einbahnstraße. Weiterhin ist es unumgänglich, dass sich alle Parteien persönlich kennenlernen, um am Anfang eine Beziehung zu schaffen und Vertrauen aufzubauen. Mir erscheint die sehr eindimensional Sichtweise von Unternehmen schwer verständlich, die ohne mit der Wimper zu zucken in Hardware investieren, jedoch das Humankapital vernachlässigen. Fast hat es den Eindruck, dass auch Menschen gefälligst wie Maschinen funktionieren sollen.

Zeit ist nicht gleich Zeit

Auch das Zeitverständnis zwischen Indien und Deutschland unterscheidet sich fundamental. Die erste Assoziation hier ist die Pünktlichkeit, und die gehört auch dazu. Aber darüber hinaus geht es auch darum, wie Kulturen mit der Zukunft umgehen, wie Aufgaben erledigt werden oder ob die Aufgabe oder die Mitmenschen im Fokus stehen. Wie immer geht es hier um kulturelle Tendenzen, denn nicht alle Angehörigen einer Kultur verhalten sich gleich. Den Deutschen wird allgemein Pünktlichkeit nachgesagt, während dieser Aspekt in Indien eine eher laschere Bedeutung hat. Dennoch gibt es pünktliche Inder, gerade im Geschäftsleben, und unpünktliche Deutsche. Hier muss man gleich klarstellen, dass man sich der Herausforderung stellen muss, wertfrei zu urteilen. Das ist nicht so ganz einfach, wenn man als Deutscher von Kindesbeinen an beigebracht bekommen hat, dass Pünktlichkeit und Termintreue sehr wichtige Werte sind. Wenn es in einer Kultur üblich ist, sich 3 Stunden nach dem vereinbarten Termin zu treffen, wird ein Angehöriger dieser Kultur sicher nicht behaupten, man sei unpünktlich, wenn man bereits 2 Stunden vorher eintrifft. Ich brauche sicher nicht zu erklären, welchen Eindruck dies in Deutschland machen würde. Alles ist relativ. Trifft man in Deutschland auf unpünktliche Menschen, werden diese sehr schnell als unzuverlässig und damit negativ beurteilt.

Clash of cultures – Wie man ein Treffen vereinbart

Wie immer lassen sich solche Unterschiede am besten anhand von Beispielen erklären. Im Februar dieses Jahres traf ich einen alten Freund zufällig wieder. Wir tauschten Adressen aus und verabredeten, uns im Mai zu treffen. Das war der erste Termin, der beiden Parteien passte. Beide Seiten trafen sich zum vereinbarten Zeitpunkt.

Vor etwa einer Woche trafen meine Frau und ich Vorbereitungen, einen indischen Freund am Wochenende zu treffen. Er kam gerade aus den USA zurück und wir beide sind Teil von Internations, einer Vereinigung von Expatriates auf der ganzen Welt. Die Verabredung wurde wie folgt ganz modern per App arrangiert. Hier die Auszüge aus der SMS-Korrespondenz:

Ich:„…best would be Sunday at around 3 p.m. for late lunch.“
Freund:12.38 h „Hi. Just arrived back from US“
12.38 h „No problem. I understand.“
12.38 h „You mean this sunday?“
Ich:12.41 h „Yes, can you confirm? We have to buy food.“
Freund:13.17 h „Give me a few hours“
13.18 h „I don´t find the party on the website“
Ich:17.47 h „It is not through the website. At our location. We need to know today if you can come.“
Freund:17.50 h „Even if I come on Sunday, please don´t worry about food, absolutely don´t. Had too much to eat and drink in US. Stomach needs a lot of rest.
17.51 h „Even 3 pieces of bread and butter would do, trust me.“
17.51 h „And nothing to drink.“
17.51 h „I´m just checking train schedules to Brussels…will confirm in some time.“
17.52 h „Because I might leave for Brussels on Sunday evening.“
Ich:17.53 h „Let´s then cancel Sunday. Please send other dates best one week beforehand.“
Freund:19.37 h „I will take either the 7pm-train or go on Monday morning. We can do Sunday if you want.“
Ich:Next day, 12.00 h „Then please come tomorrow at 5 p.m.. You can take a train from the main railway station. Please confirm 100 percent, so we can plan our other arrangements.“
Freund:13.01 h „Hi. Just woke up. Let´s confirm next Sunday. 100 % 5 p.m. may be a little late if I take the 7 p.m. train and my stomach is a little cranky. Next Sunday, I will be in better shape. So xxx (Sunday after the Sunday we spoke about), confirmed.“
Ich:13.02 h „On xxx we are not home, but in Munich“
Freund:13.02 h „23rd?“
Ich:13.02 h „We are not home 22nd-24th.“
Freund:13.03 h „Hmmm…“
13.03 h „Let me think“
13.06 h „Then we will meet tomorrow, but keep it normal…I´ll just eat what you normally cook…don´t make anything special.“
Ich:13.39 h „Ok, tomorrow then at 5 p.m. I can pick you up from the train station.“
Freund:16.03 h „Sorry…I again went off to sleep…the jetlag.“
16.04 h „Will check the train schedule and let you know.“
Ich:18.23 h „OK.“
Freund:Next day, 16.45 h „My train will arrive at 5.11.“
16.45 h „At xxx railway station.“
16.46 h „Hope that is the correct station.“
Ich:16.47 h „Yes, that is the correct station. We will pick you up.“

Ein beeindruckender Prozess. Schließlich kam das Treffen tatsächlich zustande, und natürlich hatten wir ihm etwas zu essen gemacht. Allerdings leider etwas mit Rindfleisch. Wir hatten nicht beachtet, dass Hindus dies nicht essen. Er war Hindu und Kühe sind im Hinduismus heilige Tiere. Wir hatten  einfach eine Portion unseres Mittagessens aufgehoben, ganz genau wie er es gesagt hatte.

Termine vereinbaren – so klappt´s

Im Geschäftsleben gestaltet sich dieser Prozess Gott sei Dank nicht so schwierig – meistens jedenfalls. Wichtig ist, dass Termine ausgemacht und dokumentiert werden. Zur Sicherheit sollten Sie periodisch noch einmal nachfassen, denn es kann immer etwas dazwischen kommen, wovon man sonst erst im letzten Moment erfahren hätte. Generell gilt, dass man Termine nicht zu sehr in die Zukunft legen sollte, und gerade dann, wenn es erforderlich ist, mehrmals daran erinnern. Dies betont nicht zuletzt auch die Wichtigkeit der Angelegenheit.

Die Kommunikation von Dringlichkeit funktioniert nicht zuletzt durch die CEC-Methode: Call-E-Mail-Call. Auch wenn dies nervig erscheint, im Zweifelsfall funktioniert diese Methode.

Projekte und ihre Restriktionen

Besonders wird die unterschiedliche Zeitauffassung in der Projektarbeit deutlich. In Indien sind Termine tendenziell Ziele, die erreicht werden sollen, sofern möglich. Mit anderen Worten: Deadlines sind weniger verbindlich als in Deutschland. Leider sind Milestones und Deadlines in Projekten in den wenigsten Fällen verhandelbar. Die globalisierte Welt geht von getakteten Prozessen aus, die eng kalkuliert sind, denn Zeit ist Geld. Hier liegt auch die enorme Herausforderung, denn in vielen Fällen gibt es keine Zeitpuffer, die sinnigerweise notwendig wären. Gerade wenn es um die Beziehungen zwischen Auftraggebern und Lieferanten geht, werden den Lieferanten oft  Zeitvorgaben gesetzt, die keinen Spielraum zulassen. Die Herausforderungen für die Lieferanten bestehen nun darin, die notwendigen Prozesse so zu gestalten, dass die Vorgaben eingehalten werden. Vorbild sind natürlich die in der einschlägigen Managementtheorie beschriebenen Prozesse, die rein auf die Sache und die optimale Zielerreichung abzielen. Kulturelle Unterschiede und ihre Auswirkungen spielen dabei in der Regel keine Rolle. Von Nöten ist daher eine gesteigerte Kontrolle von Projekten und Prozessen. Aber jeder hat auch andere Aufgaben zu bewältigen, so dass gerade dafür ebenfalls kaum Zeit zur Verfügung steht. Ein Teufelskreis, der zu Stress und Energieverlusten aller Beteiligten führen kann, gerade bei denjenigen, die in einer „Sandwichposition“ gefangen sind. Diese Leute bekommen Druck von oben und Unverständnis von unten.

Arbeitsweisen und ihre Philosophien

Weiterhin kann die Herangehensweise an Aufgaben vom zeitlichen Standpunkt aus sehr unterschiedlich sein. In Deutschland ist man gewohnt, einen detaillierten Zeitplan aufzustellen, der zum Ziel hat, das angestrebte Ziel innerhalb der geplanten Zeit zu erreichen. Dabei wird in der Regel Wert darauf gelegt, kontinuierlich zu arbeiten und möglichst zeitig zu beginnen, um noch Puffer für eventuelle Verzögerungen zu haben. In Indien geschieht oft erst einmal wenig. Aber natürlich haben auch diese Leute das Ziel im Auge, woraufhin sie dann mehr Arbeit in die nachfolgenden Phasen investieren (müssen). Beide Vorgehensweisen haben ihre Vorteile und Nachteile. In Deutschland ist es wahrscheinlicher, dass das Ziel zum ausgemachten Zeitpunkt erreicht wird. In Indien ist die Flexibilität höher, so dass veränderte Rahmenbedingungen im Laufe des Projekts berücksichtigt werden können. Beide Systeme haben also ihre Meriten. Problematisch wird es, wenn Deutsche die Fortschritte anhand ihrer eigenen Werte zu beurteilen. Missverständnisse und Probleme sind vorkonfiguriert.

Fazit

Es wird deutlich und durch viele unserer Kunden bestätigt: Es kann sehr mühsam für Deutsche sein, in oder mit Indien zurecht zu kommen und es erfordert mitunter ein erhebliches Maß an Flexibilität. Wenn die Zusammenarbeit gut funktioniert, seien Sie froh und halten Sie daran fest. Mitunter braucht es einige Zeit, damit sich die Prozesse einspielen und dann wirklich alle Vorteile der internationalen Zusammenarbeit zur Entfaltung kommen können. Alle wollen die Vorteile dieser Zusammenarbeit nutzen, ohne Friktionen durch kulturelle Unterschiede in Kauf zu nehmen. Dies kann funktionieren, ist aber leider mitunter eine Illusion. Ein Umdenken ist schwierig, gerade wenn es um bedeutende Summen geht. Wer in solch einer Situation steckt sollte sich spätestens dann die Erkenntnis von Warren Buffet, einem nicht gerade unerfolgreichen Mann, ins Gedächtnis rufen: „Was die Weisen am Anfang machen, machen die Dummen am Ende.“

By | 2018-11-01T15:17:40+00:00 15. 10. 2018|Interkulturelles Training Indien|

About the Author:

Rainer Beekes ist interkultureller Experte aus der wirtschaftlichen Praxis. Während seiner Unternehmenslaufbahn war er über 25 Jahre für multinationale Konzerne wie z.B. Volkswagen Financial Services, American Express, GMAC oder Société Générale in 5 Ländern in Linien- und Führungspositionen tätig. Der studierte Betriebswirt und Master of International Management (MIM) leitet Global Cultures – Akademie für interkulturelles Management, für die über 200 Experten zu 112 Ländern und Regionen weltweit tätig sind. | Linkedin | Xing | Google+ | Twitter | youtube | RSS |