Mitarbeiterführung: Tipps und Instrumente – Führung – ein weites Feld, oft unbeackert
Wer wird befördert?
Wenn es in Unternehmen darum geht, neue Leute für Führungspositionen auszuwählen, steht meist das Fachwissen im Vordergrund. Keine Frage, ein guter Ingenieur oder ein guter Verkäufer sollen beispielsweise für ihre Leistungen belohnt werden. Große Unternehmen schleusen ihre Kandidaten oft auch durch Assessement Center, um ihre Eignung festzustellen. Dann aber finden sich die erfolgreichen Kandidaten in einer neuen Rolle wieder, auf die sie nicht ausreichend vorbereitet sind. Daher haben viele Großunternehmen Qualifizierungsprogramme etabliert, in denen die Kandidaten auf ihre neue Rolle vorbereitet werden sollen. Viele Unternehmen, gerade kleinere Firmen, haben dies jedoch nicht. So gut die Führungskräfte fachlich auch sein mögen, sie werden mit neuen Herausforderungen konfrontiert, die umfangreiche Soft-Skills erfordern, nämlich das Führen von Menschen. Robert Strange McNamara, ehemaliger Präsident der Ford Motor Company, Verteidigungsminister und Präsident der Weltbank fasste diese Aufgabe einmal wie folgt sehr treffend zusammen: „Management ist die schöpferischste aller Künste – die Kunst, Talente richtig einzusetzen.“
Nicht der beste Fußballer ist der beste Trainer
Diese Situation ist vergleichbar mit Fußballern. Jürgen Klopp, einer der bestbezahlten und erfolgreichsten Fußballtrainer der vergangenen Jahre, war nie Nationalspieler. Er spielte noch nicht einmal in der 1. Bundesliga. Als Trainer formte er dann jedoch das Team von Mainz 05 zu einer so schlagkräftigen Truppe, dass der Aufstieg in die 1. Bundesliga gelang. Mit Borussia Dortmund gelangen ihm mehrere Meisterschaften und Pokalsiege und nun ist er Hoffnungsträger beim FC Liverpool. Mit „Learning by doing“ hatten diese Erfolge wenig zu tun. Sein abgeschlossenes Sportstudium bildete ein solides Fundament für diese Tätigkeit. In Kombination mit seiner Erfahrung und seiner Persönlichkeit gelang es ihm, seine Ideen erfolgreich umzusetzen und talentierte Spieler zu echten internationalen Leistungsträgern zu entwickeln. Diego Maradona hingegen, zu seiner Zeit für viele der beste Spieler der Welt, konnte als Trainer nicht an seine Erfolge auf dem Platz anknüpfen. Dieses Beispiel lässt sich auch auf das Management in Firmen übertragen.
Training ist alles
Talent zu haben ist gut. Aber ohne Training und Förderung versauern die besten Talente. Um noch einmal den Fußball als Beispiel zu bemühen: Marco Reus, einer der Leistungsträger in Verein und in der Nationalmannschaft, wurde bei Borussia Dortmund als Jugendlicher einst abgeschrieben. Reus gab nicht auf, wechselte den Verein und entwickelte sich unter Lucien Favre bei Borussia Mönchengladbach vom Talent zum Stamm- und Nationalspieler. Ohne seinen Willen zum Erfolg, seinem Durchhaltevermögen, aber auch ohne die entsprechende Förderung würde heute wohl niemand seinen Namen außerhalb seines Freundeskreises kennen. Beide gehören heute Zu Borussia Dortmund, im Fall Reus ein für den Verein teures Unterfangen, denn sie mussten Reus für eine hohe Summe zurückholen.
Welche Kompetenzen zählen?
Aus unseren Beispielen wird deutlich, dass zunächst Fachkompetenz ein wichtiger Faktor ist. Hierzu zählt spezifisches Fachwissen (weiß, wie man Fußball spielt), die Umsetzung dieses Wissens (stellt die Mannschaft auf) und das Erzielen eines bestimmten Ergebnisses (spielt, wenn ideal: gewinnt). All das ist schön, jedoch nicht ausreichend. Um wirklich zielgerichtet und erfolgreich ein Team oder eine Abteilung zu leiten, benötigt man zusätzlich soziale Kompetenz zur Analyse und Gestaltung von Situationen (mit wem habe ich es zu tun? Krise?), personale Kompetenz (persönliche Fähigkeiten wie z.B. Offenheit, Kreativität, Einsatzbereitschaft, Toleranz etc.) sowie methodische Kompetenz (z.B. für Projektmanagement, Zeitmanagement, Arbeitsmethoden, Teamentwicklung). Erst das Zusammenspiel dieser Kompetenzfelder machen aus einem Fußballtrainer einen erfolgreichen Fußballtrainer oder aus einem Abteilungsleiter einen erfolgreichen Abteilungsleiter.
Was macht eine gute Führungskraft aus?
Auf der Wunschliste der Eigenschaften eines guten Chefs stehen in der Regel (Umfragen zufolge, eine Auswahl): Er erweitert sein Wissen, delegiert Aufgaben, kommuniziert transparent, verhält sich transparent, ist verlässlich, übernimmt Verantwortung, gibt Feedback und Kritik, trifft wichtige Entscheidungen, zeigt Dankbarkeit (eine in Deutschland oft verschollene Tugend) , legt Wert auf die Arbeitsatmosphäre, ist empathisch und berechenbar. Klar, jeder möchte gern Superman als Chef haben. Aber wie gesagt – Training ist alles! Schauen wir uns die Details an.
Welcher Führungsstil ist dabei der richtige?
Experten unterscheiden zwischen fünf grundsätzlichen Führungsstilen:
Mit anderen Worten: Kein Führungsstil ist immer der richtige. Stattdessen hängt der Führungsstil von der Situation und den Mitarbeitern ab. Eine gute Führungskraft sollte daher alle abrufen können. Glücklicherweise gibt es Tests, die abprüfen, inwieweit dies der Fall ist.
Führungsstrategien – Die richtige Wahl
Der geeignete Führungsstil ist unerlässlich. Aus den daraus resultierenden Handlungsalternativen wählt man alsdann die passende Führungsstrategie aus. Grundsätzlich bieten sich in Abhängigkeit der Kompetenz und des Engagements der Mitarbeiter vier verschiedene Strategien an:
Sind beide Komponenten hoch, kann man getrost delegieren. Im umgekehrten Fall sind eine genaue Überwachung der Arbeiten und Anweisungen geboten. Sind Mitarbeiter engagiert, verfügen aber nicht über die gebotene Kompetenz, hilft Coaching und Training. Ist die Kompetenz hoch, das Engagement aber gering, bietet sich ein partizipativer Führungsstil an, um die Leute aus der Reserve zu locken. Dazwischen gibt es natürlich noch weitere Möglichkeiten.
Mit wem habe ich es zu tun?
Voraussetzung zur erfolgreichen Umsetzung von Stil und Strategie ist natürlich die richtige Ansprache und der richtige Umgang mit den Mitarbeitern. Beide werden in erster Linie durch verschiedene Persönlichkeitstypen bestimmt. Auch hierzu gibt es verschiedene Tests, die bewährt und bereits häufig in der Wirtschaft eingesetzt werden, z.B. DISG oder das etwas ausführlichere MDI Insights. In Abhängigkeit der Dimensionen extrovertiert/introvertiert und rational/emotional unterscheidet man vier grundsätzliche Typen: Den Analytiker, den Macher, den Expressiven und den Beständigen. Mitunter finden sich auch andere Bezeichnungen für die vier Typen. Wichtig, neben der Erkenntnis auch für sich selbst, ist diese Kenntnis für wichtige Faktoren, wie z.B. Aufgabenverteilung, Motivation oder Ansprache. Weiterhin ist es wichtig für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Teams, denn – für eine erfolgreiche Teamarbeit braucht man alle Typen! Jeder hat Vor- und Nachteile und eine gute Führungskraft schafft es, die Vorteile zu kombinieren und erfolgreich zu arbeiten.
Ressource Mensch
Der englische Ausdruck verdeutlicht es am besten: Human Ressources. Zu den Aufgaben einer Führungskraft gehört daher auch zu beurteilen, welche Ressourcen ihm zur Verfügung stehen, wie beispielsweise die Qualifikation der Mitarbeiter, die Atmosphäre der Zusammenarbeit, die Leistungsfähigkeit. Hierzu zählt auch die Frage: Stehen mir als Führungskraft ausreichende Ressourcen zur Verfügung? Dann kann die Führungskraft…
…Strategien entwickeln
Hierzu müssen die Aufgaben klassifiziert und priorisiert werden. Eine gängige Einteilung ist die in wichtig/weniger wichtig und dringend/nicht dringend. Wer nur „Feuerwehr“ (wichtige und dringende Aufgaben) spielt, der macht etwas falsch. Tatsächlich hilft diese Einteilung, ein Bewusstsein zu schaffen für eine produktive Arbeitsweise und lässt auch Rückschlüsse darauf zu, ob ausreichende Ressourcen vorhanden sind.
Erwartungen klären!
Ist es Ihnen auch schon einmal so gegangen? Ein Freund empfiehlt Ihnen ein Restaurant. Sie gehen hin, auf der Speisekarte stehen wenige Gerichte, die Sie ansprechen und das, was Sie bestellen, schmeckt Ihnen auch nicht. Ihre Erwartungen sind enttäuscht. Natürlich werden Sie nie wieder dort essen und wenn Ihnen Ihr Freund wieder ein Restaurant empfiehlt, werden sie ihm ein paar Fragen mehr stellen oder gar nicht erst hingehen. Nehmen Sie daher auch im Büro nichts als gegeben hin. Nichts ist leichter, als in erster Linie seinem Selbstbild zu folgen, und nichts ist wahrscheinlicher, als dadurch Erwartungen zu enttäuschen. Auch wenn man denkt, dass man schon gut Bescheid weiß, sollte man nichts als gegeben annehmen und seine Vermutungen zumindest überprüfen. Dies gilt gerade dann, wenn man in eine neue Rolle schlüpft (neue Abteilung, vom Kollegen zur Führungskraft etc.), aber auch im laufenden Geschäft. Nichts ist irrführender, als angenommene Klarheiten! Dabei geht es nicht nur um die Erwartungen der Mitarbeiter, ein wichtiger Motivationsfaktor, sondern auch um die Erwartungen des Chefs. Wer etwas werden will, sollte sich tunlichst darum kümmern, welche Erwartungen auch von oben an einen selbst gestellt werden. Und last not least: Man sollte auch die Erwartungen an sich selbst klären.
Hast Du was gesagt? Nee, das war gestern
Ein weites und entscheidendes Feld ist natürlich die Kommunikation. Neben den bereits erwähnten Persönlichkeitstypen spielen hier viele Dinge eine Rolle, mit denen man als Führungskraft vertraut sein sollte:
Kommunikation auf Sach- und Beziehungsebene, aktives Zuhören, Rückmeldungen geben (Feedback), Kritikgespräche, Konflikte und lösungsorientierte Gesprächsführung. Nicht zuletzt sollte man darauf vorbereitet sein, unfaire Dialektik zu kontern. Eine gute Kommunikation ist natürlich der Kern von Führung und erfordert den größten Teil der Vorbereitung auf die Rolle als Führungskraft. Aber auch „gestandene“ Führungskräfte sollten sich mit diesen Themen bewusst auseinandersetzen. Dazu lernen kann man immer und es ist erstaunlich, wie auch kleine Verhaltensänderungen Großes bewirken können.
Motivation
Motivation bedeutet, dass Mitarbeiter bestimmte Aufgaben erledigen, umfasst aber auch ihre generelle Einsatzbereitschaft. Hier geht es nicht (nur) um Geld, Prämien oder Beförderungen. Wichtig für Führungskräfte ist zu erkennen, welche Bedürfnisse die Mitarbeiter haben. Letztlich entscheidend ist aber die eigene Haltung. Das, was man als Führungskraft ausstrahlt, kommt zurück. Ein Chef, der „keinen Bock hat“, wird auch Mitarbeiter bekommen, „die keinen Bock haben“. Dann wird das dominieren, was man als Demotivatoren bezeichnet: Überfordernde Arbeitsinhalte (Burn-Out-Gefahr!), unterfordernde Arbeitsinhalte, fehlende Wertschätzung, fehlendes Vertrauen, Mobbing, mangelnde Entwicklungs- / Karriereperspektiven oder erlebte Ungerechtigkeiten (z.B. Gehaltsstruktur). Führungskräfte sind einerseits dazu da, diese Demotivatoren auszuschalten, andererseits für Motivatoren zu sorgen, wie z.B. eine interessante Tätigkeit, Möglichkeiten für persönliche Weiterentwicklung, Verantwortung übernehmen, Anerkennung, gute Arbeitsbedingungen, eine vertrauensvolle Atmosphäre schaffen, für eine klare Arbeitsorganisation sorgen und auf faire Entlohnung achten. Die Instrumente, wie z.B. eine zielgerichtete Kommunikation, die Klärung von Erwartungshaltungen, die richtige Priorisierung von Aufgaben und Kenntnis der Persönlichkeitstypen unterstützen die Führungskraft dabei, diese anspruchsvolle Aufgabe zu meistern. Ziel soll es in jedem Fall sein, die intrinsische Motivation zu fördern.
Delegation
Delegation ist eine der Kernaufgaben von Vorgesetzten. Eine der Voraussetzungen ist dabei die Klärung von Erwartungen. Mitarbeiter, die beispielsweise nicht gerne reisen, sollten nicht geschickt werden, vorausgesetzt es gibt Alternativen. Neben der Klärung, wer für welche Aufgaben am besten geeignet ist, muss man die Fallen kennen und umgehen, die Führungskräfte oft daran hindern zu delegieren, und so selbst zu ihren besten Sachbearbeitern zu werden. Dann nehmen sie Aufgaben wahr, für die sie eigentlich ihre Leute haben, und Vernachlässigen die Aufgaben, für die sie als Führungskraft eigentlich zuständig sind.
Beurteilungen und Jahresgespräche
Last not least gehört es zu Aufgaben einer Führungskraft, die Mitarbeiter zu beurteilen. Viele Unternehmen haben dazu bereits Prozesse und Vorgehensweisen etabliert. Aber auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, haben Mitarbeiter ein Anrecht darauf, Feedback zu ihren Leistungen von ihren Vorgesetzten zu erhalten. So einfach und selbstverständlich dies klingen mag, Führungskräfte wie auch Mitarbeiter sollten sich gründlich auf solche Gespräche vorbereiten. Führungskräfte sollten darüber hinaus die Effekte kennen, die Beurteilungen beeinflussen: Hier geht es um Fehlwahrnehmungen, Täuschungen, Verzerrungen, unterschiedliche Wertmaßstäbe, aber auch manipulatives Verhalten. Um eine Beurteilung zu erstellen, die der Leistung des jeweiligen Mitarbeiters gerecht wird, gibt es geeignete Methoden, die verzerrenden Effekte zu erkennen und auszuschließen oder zumindest zu minimieren. Mit den vorher beschriebenen Methoden zur Kommunikation kann dann das Mitarbeitergespräch zu dem werden, was es eigentlich sein sollte: Ein Beurteilungsinstrument für vergangene Leistungen und ein Motivationsinstrument für die Zukunft. Hier hat man aber auch Gelegenheit zu kritischen Gesprächen, wenn die Leistungen eines Mitarbeiters unter den Erwartungen liegen sollten. In beiden Fällen sollten Führungskraft und Mitarbeiter Maßnahmen vereinbaren, wie es in der Zukunft weitergehen soll. Durch den Abgleich von Selbst- und Fremdbild entsteht dabei eine Transparenz, die entscheidend für die Zusammenarbeit ist. Nur eines darf eine Führungskraft nicht: Sich vor dieser Aufgabe zu drücken, wenn es möglich ist, weil sie es als unbequem empfindet.
Fazit
Die Aufgabe als Führungskraft ist anspruchsvoll und hat viele Facetten. „Sie werden das schon machen“ ist kein Kompliment, sondern ein Ausdruck von Gleichgültigkeit. Diejenigen, die über den Willen und das Talent verfügen, sollten auf diese Aufgabe vorbereitet oder weiterentwickelt werden, wenn sie bereits Führungskraft sind. Marco Reus hat diese Chancen genutzt. Durch seinen Willen zum Erfolg und der richtigen Förderung wurde er zu einem der erfolgreichsten Fußballspieler der Bundesliga. Aber er ruht sich auf nicht auf seinen Lorbeeren aus und denkt sich: „Hey, jetzt bin ich ein toller Fußballspieler, jetzt brauche ich ja nicht mehr zu trainieren.“ Permanentes Training sorgt für permanente Weiterentwicklung. Alle Unternehmen sind daher gut beraten, in die Entwicklung ihrer Führungskräfte zu investieren. Großunternehmen haben dafür oft eigene Programme installiert, aber auch kleinere und mittlere Unternehmen können durch ein umfangreiches Angebot an Seminaren ihren Führungskräften diese Chancen zu eröffnen. Der Kampf um Fachkräfte wird generell härter, wie in der Presse zu lesen ist – auch Fortbildungsmöglichkeiten nehmen dann einen Platz in der Liste der Gründe ein, warum ein Mitarbeiter sich für ein bestimmtes Unternehmen entscheiden.