Interkulturelle Trainings Russland werden nicht mehr stark nachgefragt. Einst einer unserer Renner, sind die wirtschaftlichen Beziehungen seit der Annxion der Krim und der damit verbundenen Sanktionen stark abgeschwächt. Dennoch führen wir immer wieder solche Trainigs durch, halt eben weniger. Das letzte Training war ein Musterbeispiel für einen guten Plan und eine schlechte Umsetzung.
Interkulturelles Training Russland – die Situation
Ein in Deutschland ansässiges Unternehmen, das bereits vor geraumer Zeit von einer russischen Gruppe übernommen worden war, hatte die gute Idee, den Mitarbeitern eine kulturelle Schulung in Sachen Russland zukommen zu lassen. Hintergrund: Es herrschte eine große Unzufriedenheit, die Anforderungen aus der neuen Zentrale in Moskau riefen immer wieder Kopfschütteln hervor und die Stimmung war nicht die Beste. Eine Seminarreihe sollte diese Situation verbessern und für mehr Transparenz und Verstehen zu sorgen. Ein guter Plan.
Interkulturelles Training Russland – der Plan
Die Belegschaft des Kunden besteht im Prinzip aus drei Gruppen von Mitarbeitern:
- Deutsche, die keine Erfahrung mit Russland haben
- Deutsche, die Erfahrung mit Russland haben und auch Russisch sprechen, zumindest einigermaßen
- Russen und Russland-Deutsche, deren Muttersprache Russisch ist, die aber schon lange in Deutschland leben und auch Deutsch sprechen
Für die Gruppen 1 und 2 wurde das Training konzipiert, Gruupe 3 war mit Russland ja schon vertraut.
Weiterhin gibt es Personen, die eng mit der Zentrale in Russland zusammenarbeiten und welche, die kaum Kontakt mit Russland haben. Für erstere wurde ein zweitägiges ausführliches Training konzipiert, für die zweite Gruppe sollte es seine halbtägige Informationsveranstaltung sein. Eine sehr sinnvolle Regelung.
Interkulturelles Training Russland – die Umsetzung
Die Seminarleiterin war selbst Russin aus Moskau und sehr erfahren, da sie bereits seit über 10 Jahren solche Seminare durchführt. Allerdings wurde der ursprüngliche Plan nicht eingehalten. Statt den anvisierten Gruppen wurden alle Mitarbeiter zur Teilnahme verpflichtet, zumindest an den Kurzseminaren. Das bedeutete, dass auch Russlanddeutsche und Russen an dem Seminar teilnahmen.
Interkulturelles Training Russland – das Ergebnis
Das Ergebnis war polarisierend, weil wertend:
- Viele Deutsche empfanden das Seminar als gut und informative.
- Einige Deutsche, die sich bereits mit Russland auskannten, empfanden, dass die Russen zu begativ dargestellt wurden. Sie hätten eine rosarote Beschreibung bevorzugt.
- Viele der Russen und Russlanddeutschen fanden es schlecht, weil unzutreffend.
Interkulturelles Training Russland – die Auswertung
Russen sind Menschen wie andere auch mit Vor- und Nachteilen. Vor allem aber unterscheiden sie sich stark von den Deutschen in vielerlei Hinsicht. Hier beginnt das Problem der Wertung. Interkulturelle Unterschiede sind niemals gut oder schlecht – sie sind nur anders. Gerade aber damit tun sich viele Leute schwer. Sie bringen unbewusst eine Wertung mit ein, weil sie verschiedene Verhaltensweisen als negativ empfinden. Genau das passierte hier:
- Einige Teilnehmer nutzten die an sich neutralen Informationen dazu, ihre Vorurteile zu bestätigen.
- Einige Teilnehmer empfanden die Unterschiede als negative und hätten sich gewünscht, dass Russland viel positiver dargestellt würde – Disneyland lässt grüßen
- Russische Teilnehmer widersprachen oft. Das war kein Wunder. Auch sie werteten von ihrem deutschen Hintergrund aus, und es ist für einen Russen quasi ein Gesichtsverlust, wenn Russland vermeintlich negativ dargestellt wird.
Interkulturelles Training Russland – das Resultat
Die Polarisierung schlug sich auch in den Bewertungen nieder: Die Hälfte war sehr positiv, die andere Hälfte negativ. Dazwischen gab es nichts. Als Konsequenz wurde die Seminarreihe nach vier Seminare abgesagt. Schade. Ein Verlust für Global Cultures, aber besonders für den Kunden.
Die Seminarleiterin war sehr erfahren und selbst Russin. Sie weiß also aus eigener Erfahrung, wie Russland im Vergleich zu Deutschland ist und hat kein Interesse daran, ihr Heimatland schlecht zu machen. Aber das zählte nicht. Die Widerstände waren letztlich zu groß. Die hausgemachten Widerstände, wohlgemerkt. Widerstände zu brechen kostet Zeit, und das Seminar war leider nur kurz. Auch gelingt es nicht immer. Es ist nicht das erste Mal, dass solche Widerstände in Seminaren auftreten, aber das erste Mal, dass es solche krassen Gegensätze gab.
Interkulturelles Training Russland – die Lehren
Hieraus lassen sich folgende Lehren für interkulturelle Seminare auch allgemein ziehen:
- Der Teilnehmerkreis sollte sorgfältig definiert werden und diese Konzept dann auch umgesetzt werden.
- Die Teilnehmer sollten eine gewisse Offenheit gegenüber anderen Kulturen mitbringen – sonst bringt ein solches Seminar für niemanden etwas.
- Offenheit ist das wichtigste Kriterium – wer beispielsweise klassische Musik hasst und dann trotzdem in ein Konzert geht, dem wird es nicht gefallen, egal welches Stück gespielt wird.
- Interkulturelle Trainings sind keine Propagandaveranstaltungen – Realitätsbewusstsein ist wesentlich.
Letztlich geht es hier darum, dass die von den Unternehmen eingesetzten Mittel sinnvoll und zum Nutzen des Unternehmens eingesetzt werden. Wir beraten Sie gerne.