Erdogan und Putin – History reloaded

Erdogan und Putin – History reloaded

Putschversuch in der Türkei – Erdogan räumt auf. Der starke Mann vom Bosporus nützt die Gelegenheit, die die Geschichte ihm bietet. Europa mahnt die Menschenrechte an, aber eher lauwarm. Zu groß ist die Bedeutung des Landes für die westlichen Interessen, nicht zuletzt der deutschen Interessen. Die Flüchtlingsfrage und die strategische Bedeutung des Landes als Schnittstelle zwischen den Krisenherden des Nahen Ostens und Europa diktieren politische Zurückhaltung. Das hat Tradition, gab es doch bei den anderen drei Militärputschen (die erfolgreich waren) im kalten Krieg auch kein Gezeter. Dennoch – die Welt mahnt mal mehr mal weniger an, doch bitteschön demokratisch zu bleiben und die Menschenrechte zu schützen. Das ist eine neue Tradition, gilt der kalte Krieg doch als überwunden. Nun kann man endlich auch mal lauter werden. Dem setzt die Realität Grenzen. Und die westliche Öffentlichkeit fragt sich warum. Es war doch alles so prima vorher und nun gibt Erdogan das alles auf?

Ein anderes Verständnis

Andere Kulturen, andere Geschichte. In Deutschland haben wir gelernt, dass Demokratie zu Wohlstand und Frieden führt. Großartig. Betrachtet man die Geschichte vor dem zweiten Weltkrieg könnte man sogar behaupten, dass der Wohlstand eine Voraussetzung für die Demokratie ist. Außerdem wurde uns der Nationalstolz nach dem Schrecken des zweiten Weltkriegs gründlich ausgetrieben. Aber Deutschland wurde eine funktionierende Demokratie, die diejenigen belohnte, die den Wohlstand sicherten. Die Türkei gehörte nicht zu den Verlierern des zweiten Weltkriegs, gleichwohl blieb sie trotz Demokratie ein armes Land. Dabei hatte sie nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches eigentlich als Autokratie angefangen. Kemal Atatürk war der mächtige Mann im Land und wusste genau, wie er es bleiben konnte. Auch nach dem zweiten Weltkrieg blieb die Lage immer wieder gefährdet (s. Militärputsche). Dazu kam die Auseinandersetzung mit den Kurden. Keine Frage, die Türken besaßen und besitzen einen großen Nationalstolz. Hinzu kommt ein Aspekt, der in Deutschland einen ganz anderen Schwellenwert hat: Das Gesicht verlieren. Addiert man Nationalstolz, ein gewisse autokratische Tradition und dazu noch eine religiöse Tendenz dazu erhält man das Grundrezept für die regierende AKP und Erdogan.

Wohlstand ist eben nicht alles für alle

Im Zuge der Reformen der Vorgänger Erdogans hat sich die Türkei wirtschaftlich sehr gut entwickelt, ohne dabei als reiches Land zu gelten. Wachstum war da und die Währung und Inflation stabil und unter Kontrolle. Allerdings wurde das Wachstum hauptsächlich von ausländischen Investitionen getrieben, für die die Türkei als stabile Demokratie ein attraktiver Ort war. Wirtschaft belohnt Stabilität. Dies stellt Erdogan mit seinen letzten Vorstößen nun in Frage. Es droht sogar ein Abzug von Investitionen aus der Türkei. Hierfür kann es nur zwei Gründe geben: Erdogan ist in Unkenntnis dieser Entwicklung oder er ignoriert sie bewusst. Vieles kann man über Erdogan sagen, aber sicherlich nicht, dass er ein Dummkopf wäre. Aus seiner Sicht verhält er sich absolut rational, denn es kommt ihm schließlich darauf an, seine Machtbasis zu erhalten und auszuweiten. Und die ist zu Hause, nicht in Europa. Dafür setzt er sich der Kritik aus dem Ausland aus und den möglichen negativen wirtschaftlichen Konsequenzen. Das ist es ihm Wert. Für den durchschnittlichen Deutschen ein unverständlicher Vorgang, der Irritationen hervorruft. Hier muss man anmerken, dass es in autokratisch geprägten Regimen immer die Gefahr gibt, dass man dramatische Nachteile erleiden muss, wenn man die Macht verliert. Schließlich gab es ja auch schon Gerüchte um Korruption um Erdogan. Er reagierte darauf in bewährter Art und Weise, indem er die Kritiker mundtot machte. Gut möglich, dass er bei einer Abwahl in ernste Schwierigkeiten kommen könnte.

Es gibt ein aktuelles Vorbild – Putin

Erdogan ist ein geschickter Demagoge, der seine Möglichkeiten nutzt. Hierzu gehört auch die Kontrolle über Medien und Presse. Dies hat ihm bereits jemand vorgemacht: Wladimir Putin. Hier enden aber nicht die Gemeinsamkeiten. Sowohl um Erdogan, wie auch Putin existieren Gerüchte, dass sie sich dank ihrer Position bereichert haben. Sie sind umgeben von treu ergebenen Oligarchen, die die Wirtschaft lenken. Und wenn es innenpolitisch mal enger wird, stürzen sie sich nach uralter diplomatischer Sitte in Kampfhandlungen mit äußeren Feinden. Beide kämpfen mit Restriktionen gegen die Opposition. Und beide sind offenbar dazu verdammt, sich an der Macht zuhalten, um zu überleben, ganz in der Tradition der starken Männer, die sowohl in der Türkei, als auch in Russland ja so groß ist. Dabei können beide auf Unterstützung der Mehrheit der Bevölkerung bauen, verkörpern sie doch geschickt medial in Szene gesetzt nationale Stärke. Beide sind nicht wirklich an der Meinung des Auslands interessiert, es ist bloß Teil ihres jeweiligen politischen Kalküls. Da ist es nicht verwunderlich, wenn die Eiszeit zwischen Ankara und Moskau nach Abschuss einer russischen Militärmaschine entstanden war. Wer Freunde im Westen verliert sucht sich eben andere. Und da passen nun Russland und die Türkei bestens zusammen, zumal die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Länder traditionell sehr waren. Dafür kann man auch mal Piloten ins Gefängnis werfen, die sich bis vor kurzem bestimmt noch sicher wähnten, da sie sicherlich ihre Befehle befolgt hatten. Nicht sein kann, was nicht sein darf. Zur Not werden Kollateralschäden eben in Kauf genommen und die Geschichte ein wenig umgestrickt. Auch hier eine schöne Parallele.

Nicht einfach, aber auch nicht einfach aufgeben

Ob die Schreckensbilder, die im ersten Moment an die Wand gemalt werden, sich auch tatsächlich manifestieren, bleibt dahingestellt. Tatsche ist, dass die Türkei sich möglicherweise ernsten wirtschaftlichen Problemen gegenüber sehen wird. Genau wie Russland sie bereits durch die Konfrontation mit dem Westen hat. Dennoch werden in und mit beiden Ländern weiterhin Geschäfte gemacht. Wer jedoch verwirrt ist über das, was geschieht, sollte sich ernstlich mit den jeweiligen Mentalitäten auseinandersetzen. Wirtschaftliche Logik, wie man sie auf der Universität gelernt hat, greift eben nicht immer, um zu verstehen und Erfolg zu haben. Mit einem interkulturellen Training und Coaching Türkei versetzen Sie sich in die Lage, sich adäquat auf die Situation einzustellen und sie besser zu meistern. Dies gilt auch für ein interkulturelles Training und Coaching Russland. Der Run nach Osten ist erst einmal gestoppt. Da heißt jedoch nicht, dass man diese Märkte einfach vernachlässigen könnte. Man ist nur gut beraten, sich noch intensiver mit ihnen auseinanderzusetzen, um Erfolg zu haben. Hierzu trägt Global Cultures seit Jahren erfolgreich bei. Und wer weiß, vielleicht finden sie noch weitere Parallelen zwischen den Ländern, die nur durch das Schwarze Meer voneinander getrennt sind.

About the Author:

Rainer Beekes ist interkultureller Experte aus der wirtschaftlichen Praxis. Während seiner Unternehmenslaufbahn war er über 25 Jahre für multinationale Konzerne wie z.B. Volkswagen Financial Services, American Express, GMAC oder Société Générale in 5 Ländern in Linien- und Führungspositionen tätig. Der studierte Betriebswirt und Master of International Management (MIM) leitet Global Cultures – Akademie für interkulturelles Management, für die über 200 Experten zu 112 Ländern und Regionen weltweit tätig sind. | Linkedin | Xing | Google+ | Twitter | youtube | RSS |