Japaner gelten gemeinhin als sehr fleißige Leute. Legendär sind auch die Überstunden, die Japaner anhäufen. Dieses Verhalten ist Deutschen eher fremd, gelten bei uns doch strenge Arbeitszeitgesetze, die von Betriebsräten und anderen Institutionen überwacht werden. Überstunden müssen oft sogar beantragt werden. Der Verfasser kennt beispielsweise die Situation, dass einmal Überstunden abgelehnt wurden, obwohl es sich um eine dringende Angelegenheit handelte. Die Arbeit musste umorganisiert werden.
Warum Überstunden?
Meist bleiben japanische Angestellte so lange im Büro, bis der Chef auch geht, selbst wenn sie eigentlich nichts mehr zu tun haben. Was in Deutschland als Strebertum bewertet würde, hat in Japan andere Hintergründe. Zunächst einmal ist die Anwesenheit ein Ausdruck der Loyalität gegenüber dem Vorgesetzten. Der Chef könnte einen ja noch brauchen und könnte verärgert sein, wenn man nicht mehr anwesend ist. Dies ist auch ein wichtiges Zeichen an den Chef.
Normen und Gruppenverhalten
In Japan besteht eine sehr starke Gruppennorm. Gleichzeitig ist es kulturell essentiell, die eigenen Interessen und Erwartungen unter die der Gruppe oder dem Höhergestellten zu stellen. Normverletzungen werden stärker sanktioniert, bis hin zum Gesichtsverlust. Dadurch wird klar, dass dieses Verhalten nicht nur den Einzelnen, sondern das gesamte Büro betrifft. Scher einer aus und geht nach Hause, kann ihm dies negativ ausgelegt werden.
Höhere Arbeitslast
Generell liegt der Zeitaufwand bei den Japanern über dem der Deutschen. Die Ursache liegt darin, dass nicht nur das übliche Pensum geschafft werden muss, sondern auch Zeit für Kommunikation und Beziehungspflege sehr wichtig ist. Denn einerseits tauschen sich japanische Angestellte auch über private Themen aus – dies dient der Beziehungspflege. Andererseits werden betriebliche Entscheidungen in vielen informellen Gesprächen vorbereitet. Kontroverse Meetings mit Diskussionen, wie wir sie aus Deutschland kennen, entsprechen nicht der japanischen Kultur, die auf Harmonie bedacht ist. Von daher ist es essentiell, solche Meetings und Entscheidungen auf anderen Wegen vorzubereiten – und das kostet ebenfalls Zeit.
Man kann es auch übertreiben
Permanente Überarbeitung für zu gesundheitlichen Problemen. Wie stark jedoch die kulturellen Normen jedoch sind sieht man schon daran, dass es im Japanischen einen Ausdruck für Tod durch Überarbeitung gibt – Karoshi. Prominentester Fall war der einer Fernsehmoderatorin, die nach 159 Überstunden in einem Monat Tod aufgefunden wurde. Daher hat nun der Gesetzgeber reagiert und die Zahl der Überstunden pro Monat auf 100 und pro Jahr auf 720 begrenzt. Für Deutsche immer noch eine erschreckende Welt.
Wie soll ich mich als Deutscher verhalten?
Die Frage ist, ob man als Deutscher, der in Japan arbeitet, sich anpassen sollte. Das hängt von der Situation ab. Werden Deutsche entsendet, gelten möglicherweise bestimmte vertragliche Vereinbarungen, die die Arbeitszeit begrenzen. Weiterhin gilt für Ausländer ein sogenannter „Bonus“ – es sind eben keine Japaner und sie verhalten sich anders. Arbeitet man hingegen in Japan in einer japanischen Firma mit lokalem Vertrag, sollte man sich im Interesse der Karriere schon weitgehend anpassen.
Offene Fragen klären – interkulturelles Training Japan
Erschöpfend lässt sich dieses Thema in einem Blog natürlich nicht klären. Aber es ist ebenfalls klar, dass man sich seiner Situation bewusst sein sollte, bevor man ins Land der aufgehenden Sonne aufbricht. Die sollte in einer interkulturellen Vorbereitung erfolgen, die natürlich noch andere wichtige Aspekte abdeckt. Gerade in einer solchen Vorbereitung liegt aber der Schlüssel zum Erfolg, wie viele Beispiele zeigen. So kann man auch die Frage klären, ob man wirklich dort hin will, denn Japan ist eine andere Welt und manche Leute tun sich sehr schwer damit, sich daran anzupassen.